Immobilienpreise in Deutschland sind im letzten Jahrzehnt rasant gestiegen, und dies signifikant schneller als die Mieten.
Deswegen reden einige von einer Immobilienblase: Der UBS Real Estate Bubble Index deutet auf eine Blasengefahr insbesondere in München und Frankfurt. Und der Empirica Index warnt vor einer hohen Gefahr sowohl aufgrund des Verhältnisses der Preise zum Durchschnittseinkommen als auch aufgrund des Vervielfältigers (Kaufpreis geteilt durch Mieteinnahmen).
Sind Immobilienpreise also ein Grund zur Sorge? Ob der Immobilienboom in Deutschland noch anhalten kann, hängt von einigen Faktoren ab: Nämlich dem Wohnraumangebot im Vergleich zur Nachfrage, dem Zinsniveau, und dem politischen und wirtschaftlichen Klima.
Bleibt das Wohnraumangebot weiterhin zu knapp?
Die Politik hat den Nachfrageanstieg nach Wohnraum nicht kommen sehen. Hinzu haben sich Landpreise verteuert, Bauprojekte sind oft nicht rentabel, und die Anzahl Vorschriften für Neubau hat sich seit 1990 vervierfacht. Daher sinken Baugenehmigungen in Deutschland immer noch (minus 1.9% zwischen Januar und September 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum), trotz starker Nachfrage. Gleichzeitig ist die Bevölkerung Deutschlands im letzten Jahrzehnt stärker gewachsen als erwartet, was den Nachfrageüberhang vergrößert hat.
Auch bei einem schwächeren Bevölkerungswachstum oder sogar einem leichten Rückgang erschiene angesichts dieser Faktoren das Wohnraumangebot weiterhin eher knapp. Außerdem bleiben Großstädte nach wie vor ein Magnet für Zuwanderung, sowohl aus Deutschland als auch dem Ausland.
Ist mit höheren Zinsen zu rechnen?
Nicht nur Angebot und Nachfrage nach Immobilien, sondern auch das Angebot an Bankdarlehen hat in den letzten Jahren den Immobilienboom untermauert. Denn niedrige Zinsen machen Immobiliendarlehen günstiger, sodass auch eine niedrigere Rendite reicht, um die Darlehenskosten zu decken. Außerdem führt die lockere Geldpolitik der Zentralbanken zu einer Flucht in die Sachwerte: Geld auf dem Bankkonto oder dem Sparbuch erzielt kaum noch einen Entgelt, im schlimmsten Fall werden Anleger heutzutage sogar mit Negativzinsen bestraft.
Eine signifikante Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) ist andererseits kaum absehbar. Erstens halten sich Inflation und Wachstum in der Eurozone weiterhin in Maßen. Zweitens könnten höhere Zinsen schnell für viele Private und Unternehmen zu finanziellen Schwierigkeiten oder sogar einer Insolvenz führen.
Platzt die Immobilienblase wegen noch mehr Regulierung?
Die stark steigenden Immobilienpreise und Mieten haben zu einer wachsenden gesellschaftlichen Kluft geführt, vor allem in Großstädten wie Berlin, München oder Hamburg. Dies obwohl nicht überall Mieten stärker als Löhne gestiegen sind, nicht einmal in allen Großstädten: Hamburg liefert dafür ein gutes Beispiel.
So greift der Berliner Senat mit einem noch viel stärkeren Instrument als die Mietpreisbremse in den Markt ein, nämlich mit dem Berliner Mietendeckel. Dieser wird nicht nur die Mieten einfrieren: Er setzt sogar Obergrenzen, welche Vermieter nicht mehr überschreiten dürfen – auch wenn dies zu Absenkungen der Mieten führen kann.
Sicherlich wird der Mietendeckel Investoren abschrecken – jedoch wird dadurch Wohnraum noch knapper. Die Beispiele Genf oder Stockholm zeigen, dass in beiden Städten die Immobilienpreise auch nach Einführung eines Mietendeckels jahrelang weiter gestiegen sind.
Fazit: Ein Crash der Immobilienpreise ist äußerst unwahrscheinlich
Vergleicht man die Entwicklung von Immobilienpreisen in Deutschland mit anderen Ländern, ist diese nach wie vor relativ undramatisch: Denn sie gleicht keineswegs jener der Immobilienblasen in Irland oder den USA vor der letzten Finanzkrise (2008/2009). Der deutsche Immobilienboom der letzten Jahre erscheint eher wie eine Nachholbewegung nach einer langen Phase stagnierender Preise.
Sicherlich könnten Faktoren wie mehr Regulierung oder ein wirtschaftlicher Abschwung kurz-bis mittelfristig zu einer leichten Korrektur der Immobilienpreise führen. Angesichts der Wohnraumknappheit und der hohen Wahrscheinlichkeit weiterhin niedriger Zinsen, bleibt der langfristige Ausblick jedoch positiv.